personalisierte Ernährungsberatung

Was bedeutet Nutrigenomik und personalisierte Ernährungsberatung genau?

Immer mehr Studien decken Zusammenhänge zwischen individuellen Merkmalen im Erbgut und dem Stoffwechsel auf. Daher ist die Idee konsequent, anhand des persönlichen genetischen Profils eine personalisierte Ernährungsberatung zu entwickeln.

Seit dem Jahr 2000 gilt das menschliche Genom als entschlüsselt. Inzwischen analysieren hochmoderne Geräte, sogenannte DNA-Sequenzer, die gesamten gene­tischen Informationen eines Menschen innerhalb von 48 Stunden. Die Gene bestimmen nicht nur die Haarfarbe und die Körpergröße. Offenbar enthalten sie auch Informationen darüber, ob jemand Nahrungsbestandteile besonders effektiv ausnutzt oder ein Vitamin besonders schlecht verstoffwechselt. Die Analyse des Erbgutes liefert damit Erklärungsansätze, warum der eine Diabetes entwickelt und ein anderer eher Bluthochdruck. Diese Erkenntnisse wecken die Hoffnung, auf Basis der Genanalyse individuell zugeschnittene Ernährungsempfehlungen abzuleiten, um bestimmte Erkrankungen zu vermeiden.

Die noch recht neue Forschungsrichtung über die Interaktion zwischen genetischer Ausstattung und ernährungsabhängigen Prozessen wird als Nutrigenetik bezeichnet. Das Forschungsfeld der Nutrigenomik untersucht den Einfluss der Ernährung auf die Aktivität der Gene.

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Was ist Mitochondriopathie?

Sobald ein Ungleichgewicht zwischen Zellatmung und Zellstoffwechsel auftritt, wird ein zusätzlicher Stoffwechselweg als Energiequelle eingeschaltet, ähnlich einem „Notstromaggregat“. Diese zusätzliche Energiegewinnung ist jedoch äußerst ineffektiv, chemisch sind diese Stoffwechselprozesse dann mit einem Gärungsprozess zu vergleichen. Eine Messung der Stoffwechsel-Abbauprodukte im Blut des Patienten ermöglicht es, diese zelluläre Sauerstoffnot aufzudecken.

Schwerpunkte Der Nutrigenomik sind:

  • Erkennen genetischer Prädispositionen für ernährungsbedingte Erkrankungen, um hieraus individuelle oder zumindest gruppenspezifische Ansätze für die Prävention und Therapie zu entwickeln.
  • Erforschung von Wechselwirkungen von Nahrungsstoffen mit dem menschlichen Genom.
  • Erforschung der dauerhaften, vererbbaren Beeinflussung von Genen durch Nahrungsbestandteile.
  • Entwicklung spezieller Typen von Designer Food – Functional Food (s. Impfbanane), Nutriceuticals (Nahrungsmittel mit pharmazeutischer Wirkung) – und Nahrungszusatzstoffen.

Die aktuelle Arbeit in der nutrigenomischen Forschung konzentriert sich auf die weitere Entschlüsselung des Genoms des Menschen und verschiedener Nutzpflanzen, die Erforschung genetischer Ursachen weit verbreiteter Krankheiten, die Erforschung der Ernährungsbedingten Krankheiten und auf die Entwicklung von Functional Food durch Gentechnik.

Stoffwechselindividualität als Ausgangsthese der Nutrigenomik

Eine zentrale These der Nutrigenomik ist die Abhängigkeit der Nährstoffwirkung von der genetischen Ausstattung. Beim Stoffwechsel führen eine Vielzahl von Genen dazu, dass eine Krankheit in Abhängigkeit von einer bestimmten Ernährung auftritt. Ein Beispiel ist die unterschiedliche Reaktion auf den Milchzucker, die Laktose.

Nach jahrtausendelanger Milchviehzucht hat sich in Europa eine genetische Variante durchgesetzt, dank der auch Erwachsene noch Milchzucker verdauen können. Dagegen löst Milch bei vielen Afrikanern und Asiaten Übelkeit und Durchfall aus.

Andere genetische Unterschiede wirken sich subtiler aus. So enthält das Blut von Probanden, die überwiegend pflanzliche Fette mit viel ungesättigten Fettsäuren essen, in der Regel weniger LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) – bis zu 15 % als das von Menschen, die ausschließlich tierische Fette zu sich nehmen. LDL, die “böse“ Form des Cholesterins, gilt als Risikofaktor für Herzinfarkt. Was aber meist unerwähnt bleibt: Die Zahlen sind lediglich Durchschnittswerte. Bei jedem vierten Menschen bleibt das Blutfett entweder unverändert, oder die Werte verschlechtern sich sogar während der als allgemein für herzgesund befundenen Diät.

Die Nutrigenomik forscht im Erbgut nach den genetischen Ursachen für solche Unterschiede, um die Zusammenhänge besser verstehen zu können. Ziel ist die Entwicklung einer individuellen quasi “maßgeschneiderten“ Ernährungsberatung. Die Nutrigenomik soll personalisierte Hinweise für eine bessere Ernährung geben.

Snps Basis der Stoffwechselindividualität

Vergleicht man das Genom zweier Menschen gleichen Geschlechts stimmen 99,9 Prozent überein. Der kleine Anteil (0,1 %) Abweichungen beruht überwiegend auf so genannten ”SNPs” (gesprochen: ”Snips”). SNP steht für ”single nucleotide polymorphism”, das bedeutet die mögliche Besetzung einer bestimmten Position im Erbmaterial durch unterschiedliche Bausteine. Statistisch treten SNPs in jedem 100- bis 300sten des drei Milliarden Bausteine umfassenden Erbmaterials des Menschen auf, zur Zeit sind bereits mehr als vier Millionen SNPs bekannt.

Ihnen wird ein Einfluss auf ernährungsbedingte Erkrankungen zugeschrieben, und sie werden im Zusammenhang mit unterschiedlichen Reaktionen auf Nahrungsbestandteile diskutiert. Von einem einzigen SNP kann beispielsweise abhängen, ob Menschen einen genetisch bedingt hohen oder niedrigen Cholesterinspiegel haben. Auch für die Nahrungswahl scheinen SNPs eine Rolle zu spielen: 70 Prozent aller Europäer reagieren auf bestimmte Bitterstoffe, etwa in Gemüse wie Kohl oder Spinat, bis zu tausendmal empfindlicher, als die restlichen 30 Prozent.

Methoden der Nutrigenomik

Herauszufinden, welche Gene für unterschiedliche Nährstoffwirkungen verantwortlich sind, erfordert oft jahrelange Detektivarbeit unter Mitwirkung von Patienten und gesunden Probanden. In so genannten Modell-Organismen werden erste “Kandidaten-Gene“ identifiziert und deren genauer Zusammenhang im Krankheitsgeschehen und Ernährungsverhalten beleuchtet.

Mit so genannten Transkriptom-Analysen können Nutrigenomiker untersuchen, wie Nahrungsbestandteile die Aktivität von Genen verändern: Der Einfluss bestimmter chemischer Verbindungen in gegrilltem Schweinebauch auf den Leberstoffwechsel lässt sich z.B. untersuchen, indem nach Verzehr aus einer winzigen Leber-Gewebeprobe das Transkriptom isoliert und mit einem ”Standard“-Leber-Transkriptom verglichen wird. Das Resultat: Viele Enzymgene der Leber sind angeschaltet; die entsprechend gebildeten Enzyme können potenziell Krebs erregende Stoffe wie Benzpyrene aus gegrilltem fetten Fleisch neutralisieren.

Forschungsprojekte der Nutrigenomik

Im Rahmen des BioProfils Nutrigenomik werden zur Zeit verschiedene Projekte realisiert, bei denen eine Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft Impulse für Diagnostik und Therapie ernährungsbedingter Erkrankungen setzen sollen. Einige Beispiele sind:

  • AllerGenChip: Entwicklung eines integrierten Schnellnachweissystems auf der Basis eines DNA-Chips zum semiquantitativen Nachweis (Schwellenwert) von Allergenen in Lebensmitteln
  • Anpassung eines schonenden Tests zur Früherkennung von Dickdarmkrebs beim Menschen, geeignet für die Analyse großer Stuhl-DNA-Probenzahlen
  • Innovation des Therapiekonzeptes für das metabolische Syndrom
  • PhysioSim ein in-silico-Krankheitsmodell zum Adipositas-induzierten Typ-2-Diabetes
  • Tumorprophylaktische Nahrungsmittelzusätze auf der Basis von Mikroorganismen des humanen Darmsystems
  • Identifizierung neuer diagnostischer Marker für die Zöliakie und Nachweis immunreaktiver Bestandteile in Nahrungsmitteln

Kritische Aspekte der Nutrigenomik

Die genetische Veränderung von Organismen wird als ethisch bedenklich und gefährlich angesehen. Auch das Ziel, aus den Erkenntnissen der Nutrigenomik hauptsächlich wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, stößt auf Kritik. Schon heute verkaufen erste kommerzielle Anbieter Tests auf bestimmte Geneigenschaften und den dazu passenden individualisierten Ernährungsplan.

Zudem wird argumentiert, dass das Zusammenspiel von Ernährung, Genen und chronischen Erkrankungen ein Puzzle von gewaltiger Komplexität ist. Prinzipiell wird zwar eingeräumt, dass es denkbar sei, den Effekt winziger genetischer Veränderungen durch selektive Nährstoffauswahl zu beeinflussen – fraglich ist, ob es jemals gelingt, die komplexen Zusammenhänge mehr als nur bruchstückhaft zu verstehen und daraus praktisch verwertbare, präventive oder therapeutische Maßnahmen zu entwickeln.

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